Belgrad – Belgrad (Review)

Das Projekt Belgrad wurde Anfang 2015 von Hendrik Rosenkranz und Leo Leopoldowitsch gegründet, als sie auf einer mehrwöchigen Osteuropareise waren. Kurze Zeit später stießen noch Ron Henseler und Stephan Mahler.

Wohnhaft in Berlin, Dresden und Hamburg und künstlerisch sozialisiert in verschiedenen subkulturellen Szenen vereint die Band Belgrad unterschiedliche Sichtweisen.

Ein vielschichtiger musikalischer Background, der sich widerspiegelt in den Bands, in denen die vier Musiker bereits vor ihrer Begegnung aktiv waren: Stalin vs. Band, Dikloud, Slime, Torpedo Moskau, Kommando Sonnenmilch, um nur einige zu nennen.

Das Ergebnis der Zusammenarbeit klingt nach Post-Punk, New Wave, Hamburger Schule und Post-Rock. Hier und da flackert sogar ein wenig EBM und NDW auf.

Belgrad tragen ihre Stücke ernsthaft und ohne Augenzwinkern vor. Im Osten wird gekämpft und gestorben, der verheißungsvolle Westen entpuppt sich als Fata Morgana, es wird geweint und geträumt.

In Schellack und Gewalt lässt der Apparat unter Stalin in einer Nacht- und Nebelaktion eine Pianistin mehrere hundert Kilometer verschleppen, nur um ein Lied auf Schellack zu pressen, damit der Generalsekretär dieses am Morgen hören kann.

Das Eisengesicht ist eine niederschmetternde und hoffnungslose Variation von Schrei nach Liebe. Das epische Stück Niemand erinnert mich von der Harmonie an den Soundtrack von Inception, mit einer Prise Folk und Post-Rock.

Textlich besitzt dieses Stück einen packenden Spannungsbogen. Beginnend mit Kindheitserinnerungen gipfelt das Lied in diese Zeilen:

Und niemand der dich hört
und niemand der etwas sagt
niemand der dich stört
und niemand der nach dir fragt

Das Album endet mit dem schonungslosen Ende einer Beziehung, verpackt in Worte, die so aus dem Leben gegriffen sind, dass sie fast wehtun.

Ich erinnere mich, auf Schlangenstraßen durch die Berge zu fahren
Hinten im Bus sitzend die Sterne zu sehen, die sich um uns drehen
Das brennt sich ein
Ey, auf Los ging‘s los, auf zum Arsch der Welt
Und gut gelaunt weil jung aber…
Das geht auch echt alles ohne dich

Was mich an diesem Album am meisten begeistert sind die Melodien, die sich immer wieder ohne Vorwarnung aus der instrumentalen Tristesse erheben und den Liedern ein wenig mehr Dringlichkeit und manchmal sogar Hoffnung verleihen.

Belgrad ist eine dringliche, emotionale, wuchtige und wichtige Platte.



Kommentare

2 Antworten zu „Belgrad – Belgrad (Review)“

  1. Du hast völlig Recht mit dieser Rezi. Geiles Album.

    1. Danke, Sick!

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