Am Freitag war es soweit. Plötzlich tauchte das erste Video zu “Lotus Flower” auf, kurz danach geisterte die Nachricht durch die Tweets, das “The King Of Limbs” ab sofort zum Download bereit steht. Das achte Studioalbum von Radiohead hatte das Licht der Welt erblickt und wurde flugs auf die Festplatten der Fans und Interessierten heruntergeladen.
Die ersten Durchgänge ließen mich enttäuscht und etwas ratlos zurück. “The King Of Limbs” fehlt die Unmittelbarkeit und das Zupackende der bisherigen Alben. Solche grandiosen Momente wie die ersten Akkorde von “Everything In It’s Right Place”, solche Gänsehaut wie bei 3:42 von “Let Down” sucht man hier vergeblich. Das neue Werk geht subtil zu Werke und als Fan hat man ein hartes Stück Weg und auch Arbeit vor sich. Ich höre hier nicht ihr bestes Album; vielleicht aber ihr vollkommenstes. Es geht um Rhytmen, Sound und Texturen.
Auf “Kid A” und vor allem auf “Amnesiac” lotete die Band ihre Möglichkeiten aus, dehnte ihre Songs, zerhackte gewohnte Strukturen, brach mit Konventionen. Das war ein Wagnis, aber ein erfolgreiches und mitreißendes. Davon findet sich auf den acht neuen Stücken nichts. Ich höre hier eine Band, die genau weiß, was sie kann und was sie will. Keine Grenzüberschreitungen mehr, kein unbedingter Wille zum Experiment. Oder um es mit den Worten Yorkes in “Codex” zu sagen: “No one gets hurt, You’ve done nothing wrong”. Bin ich deswegen enttäuscht? Vielleicht, aber nur ein wenig. Ich habe das Album jetzt knapp zehnmal gehört, und ich fühle mich bei jedem Durchgang wohler. Nur richtig mitreißen will mich “The King Of Limbs” nicht.
Verhuschte Elektronik, jazzige Drumpatterns, flirrende Soundtexturen und die weitestgehende Abwesenheit von klassischen Instrumenten: Ich bin mir ziemlich sicher, das dieses Album die Fans spalten wird. Wer nach diesem Werk noch denkt, Radiohead seien eine klassische Rockband, der hat nicht hingehört. Jetzt bleibt für mich die Frage: schaffen es diese acht fragilen Soundskizzen die Zeit zu überdauern?
Und natürlich die bohrende Ungewissheit: kommt da noch mehr?
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