Isolation Berlin – Und aus den Wolken tropft die Zeit (Review)

Sie hätten es sich einfach machen können, aber manchmal ist das Erreichte eben auch Stillstand. Isolation Berlin greifen für ihr Debütalbum nicht auf die starken Songs ihrer längst vergriffenen ersten beiden EPs Körper und Aquarium zurück, sondern präsentieren uns zwölf neue Stücke voller Schwermut, Herzschmerz und Trübsal.

Das zeitgleich erscheinende Album Berliner Schule/Protopop versammelt die längst vergriffenen starken Songs wie Körper, Der Bus der stillen Hoffnung und Aquarium. Obendrein gibt es zwei Bonustracks: Cover-Versionen von Nina Hagen (Fall in Love mit mir) und Joy Division (Isolation).

Aber das ist Vergangenheit, und deswegen gibt es neues Material zu hören. Die Band hat Und aus den Wolken tropft die Zeit selbst produziert, und sie bietet uns ein sehr überlegtes Sounddesign, das nur minimal variiert wird und von seiner Klarheit und Transparenz lebt.

Die Songs erinnern wahlweise an Ja, Panik, Element of Crime oder Rio Reiser, ohne sich zu sehr den Einflüssen zuzuwenden (ok, Der Garten deiner Seele klingt schon sehr nach Element of Crime, nur die fehlende Trompete macht stutzig).

Die Texte sind deprimierend, verzweifelt und kritisch. Eine Hälfte Herzschmerz, eine Hälfte Weltschmerz. In dem Großteil der Lieder verarbeitet Sänger Tobias Bamborschke die verflossene Liebe. Schon einige Songtitel machen daraus keinen Hehl: Du hast mich nie geliebt, Der Garten deiner Seele, Herz aus Stein.

Bamborschke erzählt von der Zeit, in der die düsteren Texte entstanden sind: “Damals ging es mir so dreckig, ich konnte gar nicht aufstehen. Ich habe den ganzen Tag gezittert und musste jeden Tag fünfmal das T-Shirt wechseln, weil ich so geschwitzt habe vor Depression. Mittlerweile habe ich vielleicht einen Hang zur Schwermut noch und manchmal habe ich so meine Phasen. Aber es ist nicht mehr so, dass man sich Sorgen machen müsste um mich, glaube ich.”*

Die anderen Lieder kritisieren ein Leben, in dem sich jeder selbst der Nächste ist. „Alle wollen dasselbe, doch nur für sich allein. Ach, wenn wir nicht so hungrig wären, wie glücklich könnten wir sein?“ Heißt es zum Beispiel in Verschließe dein Herz.

Und der Opener Produkt beginnt mit den Worten: “Ich bin ein Produkt. Ich will, dass man mich schluckt, dass man mich konsumiert, sich in mir verliert.”

Herzschmerz, Weltschmerz, Konsumkritik, Gesellschaftskritik. Darin verliere ich mich gerne.

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*Deutschlandradio


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