2025 war ein Jahr voller musikalischer Entdeckungen, Überraschungen und Wiederbegegnungen mit vertrauten Klängen. Von introspektiven Singer-Songwriter-Momenten über packende Indie- und Post-Punk-Perlen bis hin zu atmosphärischen elektronischen Soundlandschaften.
In diesem Rückblick möchte ich meine persönlichen Highlights vorstellen. Die zehn Alben, die mich in diesem Jahr berührt, überrascht und inspiriert haben.
1. Florence + The Machine – Everybody Scream
„Everybody Scream“ zeigt Florence Welch so offen, direkt und fokussiert wie selten zuvor. Inhaltlich verarbeitet das Album Ruhm, Erschöpfung und persönliche Krisen mit schonungsloser Ehrlichkeit, oft bissig, selbstironisch und zugleich zutiefst verletzlich.
Musikalisch bleibt Florence + The Machine dem eigenen Pathos treu, setzt es aber gezielter ein und schafft mehr Raum für Intimität und Dynamik. Am Ende steht kein Triumph, sondern eine leise Zuversicht, eine Selbstvergewisserung statt eines großen Befreiungsschlags.
2. Big Thief – Double Infinity
Double Infinity präsentiert Big Thief nach einem Personalwechsel neu als Trio, mit einem Fokus auf spontane, live gespielte Aufnahmen. Das Album ist offen, atmend und bewegt sich zwischen Intimität, Transformation und kollektiver Kreativität.
Songs wie Incomprehensible und How Could I Have Known reflektieren Veränderung, Liebe und Vergänglichkeit auf vielfältige Weise. Es ist eine Sammlung von Momenten, die bewusst unvollständig bleibt und die Band als suchendes, lebendiges Kollektiv zeigt.
3. The Antlers – Blight
Auf „Blight“ richten The Antlers den Blick auf eine langsam erodierende Welt. Peter Silberman setzt auf Reduktion, Nachhall und stille Klarheit, um Verantwortung, Vergänglichkeit und unterschwellige Unruhe spürbar zu machen.
Die Songs bewegen sich zwischen zarter Schönheit und kontrolliertem Chaos, oft getragen von Klavier, schwebenden Gitarren und sparsamen elektronischen Elementen. Am Ende wirkt „Blight“ wie ein stilles Nachdenken statt eines Aufschreis, zurückhaltend, eindringlich und lange nachklingend.
4. Men I Trust – Equus Caballus
„Equus Caballus“ bildet den eigenständigen, etwas extrovertierteren Gegenpol zu „Equus Asinus“ und zeigt Men I Trust mit mehr Groove, subtiler 80s-Ästhetik und rhythmischer Bewegung. Der typische Bandsound bleibt dabei warm, zurückgenommen und schwebend, getragen von weichen Synths, verwaschenen Gitarren und Emma Proulx’ unaufgeregtem Gesang.
Einzelne Stücke wie „Hard to See“ oder „The Better Half“ setzen vorsichtige Akzente, ohne den entspannten Gesamtfluss zu stören. Insgesamt entfaltet sich das Album leise, detailreich und zeitlos; ein Klangraum, der sich erst beim genauen Hinhören vollständig öffnet.
5. The Murder Capital – Blindness
„Blindness“ markiert für The Murder Capital einen bewussten Bruch mit dem verkopfteren Vorgänger und setzt auf einen spontanen, rohen Aufnahmeprozess ohne lange Vorbereitung. Das Album überzeugt durch unmittelbare Energie und stilistische Offenheit, die von klassischem Post-Punk bis zu melodischeren und politisch aufgeladenen Momenten reicht.
Zwar wirkt die Platte stellenweise eher wie eine lose Song-Sammlung und nicht jeder Track erreicht das gleiche Niveau, doch einzelne Stücke stechen durch Intensität und Atmosphäre hervor.
6. Jadu Heart – Post Heaven
„Post Heaven“ zeigt Jadu Heart in einer neuen, verletzlichen Phase und verarbeitet spürbar die Trennung des Duos in einem elektronischeren, introvertierten Sound. Das Album lebt von fragiler Spannung, experimentellen Strukturen und Songs wie „You’re Dead“, „Mild To Moderate Pain“, „U“ oder dem emotionalen Zentrum „AUX“.
Zwischen klaren Highlights stehen bewusst skizzenhafte Stücke, die als atmosphärische Übergänge funktionieren und dem Album Raum zum Atmen geben.
7. Car Seat Headrest – The Scholars
„The Scholars“ markiert für Car Seat Headrest eine Rückkehr zu erzählerischer Stärke und konzeptioneller Geschlossenheit, eingebettet in das fiktive Universitätssetting der „Parnassus University“. Das Album verbindet literarische Texte und zahlreiche Referenzen mit überraschender Zugänglichkeit, Wärme und eingängigen Melodien.
Höhepunkte wie „CCF (I’m Gonna Stay With You)“ oder das monumentale „Planet Desperation“ zeigen Will Toledo fokussierter und die Band ausgewogener als zuletzt. Insgesamt ist „The Scholars“ ein verspieltes, emotional stimmiges Konzeptalbum, das weniger überwältigen will als vielmehr einen eigenen, lebendigen Kosmos erschafft.
8. Greet Death – Die In Love
„Die In Love“ zeigt Greet Death weiterhin tief in Melancholie und schweren Themen verankert, lässt aber zwischen Schmerz und Verlust vorsichtige Hoffnung aufscheinen. Die Songs nehmen sich Zeit, wachsen langsam und entfalten ihre Wirkung durch schwebende Gitarren, verhallte Stimmen und kontrollierte Zurückhaltung.
Besonders im Zusammenspiel von Logan Gavals brüchigem Gesang und Harper Boyhtaris hellerer Stimme entsteht eine vielschichtige emotionale Tiefe. Statt Pathos oder Lautstärke überzeugt das Album durch Atmosphäre, Haltung und eine stille Intensität, die lange nachwirkt.
9. Vundabar – Surgery and Pleasure
„Surgery and Pleasure“ zeigt Vundabar als gereifte Band, die zu ihren Wurzeln aus Indie-Rock, Post-Punk und Garage-Pop zurückkehrt, dabei aber klarer und selbstbewusster klingt. Energiegeladene Songs mit markanten Hooks, kantigen Gitarren und melancholischem Unterton treffen auf Highlights wie „Life Is a Movie“, „I Got Cracked“ oder das epische „I Need You“.
Nicht alle Stücke erreichen die gleiche Durchschlagskraft, und stilistische Brüche wirken teils unausgegoren. Dennoch überzeugt das Album durch Experimentierfreude, Eigenständigkeit und eine Balance aus Vertrautheit und Weiterentwicklung.
10. bar italia – Some Like It Hot
„Some Like It Hot“ schärft den eigenwilligen Stil von bar italia weiter und zeigt das Londoner Trio strukturierter und fokussierter als zuvor, ohne die bewusst raue Ästhetik zu verlieren. Die Songs leben vom Zusammenspiel der wechselnden Stimmen, schlurfenden Rhythmen und spannungsreichen Kontrasten zwischen kühler Distanz und kurzen Momenten von Wärme.
Highlights wie „Cowbella“, „the lady vanishes“ oder „Lioness“ entfalten ihre Wirkung weniger durch große Gesten als durch Atmosphäre und subtile Dynamik. Insgesamt bleibt das Album bewusst reserviert und genau darin liegt sein Reiz: eine Einladung, die Nähe andeutet, ohne sie ganz zu gewähren.















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