Seitenwechsel #18 – Robert Carl Blank

Robert Carl Blank (sprecht ihn ruhig deutsch aus, er macht das auch) “macht das, was er am meisten liebt – Musik! Seit mehr als 10 Jahren ist er mit seiner Gitarre unterwegs in der ganzen Welt, schreibt seine eigenen Songs und spielt Konzert um Konzert. Zwischen wunderschönen Rock-, Pop- und Folk-Melodien, eingängigen Refrains und dann wieder treibenden Rhythmen hat Robert seinen eigenständigen Sound, seine eigene Sprache gefunden.”

Wie Robert es findet, wenn Konzertbesucher sich seine CDs kopieren, könnt ihr in diesem (wie immer sehr interessanten) Seitenwechsel lesen. Viel Spaß!

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Robert Carl Blank:

Das ist alles sehr schön, aber wer bezahlt das am Ende?

Es ist ein schönes Konzert in einem gut gefüllten Kulturladen, ich genieße nach dem letzten Song des Abends den Applaus, verbeuge mich, und trete von der Bühne. Schon kommen ein paar Gäste auf mich zu, womöglich wollen die CDs kaufen. Ich erkenne eine Frau in der Gruppe namens Anja (der Name ist hier frei erfunden), die anderen sind mir unbekannt. Anja war schon bei ein paar meiner Konzerte, sie kommt eigentlich immer wenn ich in ihrer Ecke spiele. Ihre drei Freunde hat sie heute Abend zum ersten Mal mitgebracht. Während ich Anja begrüße interessieren sich ihre Freunde für meine CDs an meinem kleinen Verkaufsstand. Ich will behilflich sein und auf die einzelnen CDs in meinem Köfferchen kurz eingehen. „Ach ne, die haben wir ja schon alle. Wir dachten du hättest vielleicht noch was neues dabei.“, wirft mir einer grinsend entgegen. Kurzes Schweigen. Kurze Beklemmung. Schnell ein anderes Thema … Wir alle wissen in dem Moment, dass Anja ihren Freunden Kopien meiner CDs gemacht hat. Wahrscheinlich tun das sogar sehr viele meiner Käufer, nur wenn ich es direkt mitbekomme tut es irgendwie weh, und es stimmt ein klein wenig traurig.

Wir alle wissen in dem Moment, dass Anja ihren Freunden Kopien meiner CDs gemacht hat. Eigentlich sollte man ja froh sein, wenn Menschen die eigene Musik so toll finden, dass sie ihren Freunden Kopien brennen. Immerhin bedeutet das ja eine weite Verbreitung der eigenen Songs, und ist somit eigentlich ja Werbung! Werbung, für die ich mich aber nicht frei entschieden habe und die mich Geld kostet. Es gibt allerdings ganze Theorien und Bücher darüber, dass es viel sinnvoller sei, seine Musik möglichst billig, weit zu streuen. Seth Godin & Derek Sivers (Ex-Präsident CD Baby) befürworten solche Praktiken. Seth meint, man müsse sich von alten Modellen verabschieden, und Derek geht sogar soweit, dass Künstler ihre CDs während der Show als flexible „pay as much as you can afford to“ Produkte anpreisen sollten. Dabei sei die Maxime, dass jeder im Konzertsaal am Ende des Abends eine CD mitgenommen haben muss, selbst wenn man sie im Extremfall gratis hergibt! Radiohead sorgten für massig Aufmerksamkeit, als sie ihr letztes Album „In Rainbows“ zunächst online als Download für oben benanntes „pay as much as you can afford to“ Modell verkauften. Eigentlich eine sehr schöne, dem Sozialismus entnommene Idee. Nur ist eben nicht jeder Radiohead …

Ein Freund von mir wendet obiges Modell übrigens recht erfolgreich an. Er sagt mir, dass er bis zu dreifach hohe CD Verkaufszahlen pro Konzert hat, seitdem er den Käufer den Preis bestimmen lässt. Seine Ausgangslage ist allerdings extrem günstig: Er produziert seine CDs zu Hause selbst und kostenfrei (von den Anschaffungskosten für sein Equipment – Laptop, Mikrofon, Software – abgesehen), verpackt sie unaufwendig und lässt billig pressen. Bruttopreis pro CD im Einkauf: 1 Euro!! Wenn man (wie in meinem Fall) allerdings bei einem kleinen Label unter Vertrag ist, zahlt man einen festen Abnahmepreis pro CD (je nach Label und Deal zwischen 7 und 10 Euro). Dieser gibt dann auch ungefähr vor, für wie viel ich meine CD weiterverkaufe, es sei denn mir ist die Gewinnspanne total wurscht. Die meisten Käufer wissen auch nicht, dass wir kleinen Künstler so gut wie immer an den Produktions- und Promotionskosten immens beteiligt sind. Soll sagen, es ist ein hartes Geschäft! Um eine CD aufzunehmen vergeht bei mir wenigstens ein Jahr – von den ersten Demoaufnahmen bis zur Auslieferung der fertigen CD durch das Presswerk. Da steckt nicht nur immens viel Herzblut drin, sondern eben auch ganz nebenbei monatelange Arbeit. Vom Schreiben der Songs mal ganz abgesehen!

Zurück zum anfänglichen Thema. Kopiert wurde ja schon immer, das ist kein soziologisches Novum. Aber es wurden auch wesentlich mehr Tonträger gekauft! Und der werte Leser möge bitte nicht glauben, dass man am Download Geschäft als kleiner Künstler groß was verdient. Man kann es drehen und wenden wie man will: Für Künstler, die ohne viel Rückendeckung und ohne große Maschinerie versuchen, ihren Lebensunterhalt mit ihrer Musik zu verdienen, ist die heutige Entwicklung nicht sehr förderlich. Und man mag mich altmodisch nennen, aber ich sehe einfach nicht ein, meine Musik zu einem Wühltischpreis zu verkaufen.

Alternativmodell? Ich glaube, dass jeder Künstler seine Nische finden kann und auch muss. Das ist nicht immer leicht, und es gibt auch kein Hausrezept hierfür. Wenn man es jedoch mal geschafft hat, sich als eine kleine beständige Duftmarke zu etablieren in diesem Musikdschungel, kann man sich auf einen (wenn auch kleinen) permanenten CD Absatz verlassen, den man dann auch noch mit entsprechenden Merchandise Artikeln flankieren kann. Für nen Benz reicht‘s sicherlich trotzdem nicht, aber den wollte ich zumindest eh noch nie.

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Infos zu Robert Carl Blank:

MySpace-Seite
Homepage
Last.fm

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Was soll das hier? Wir sitzen auf der einen Seite. Wir hören Musik umsonst, bei Streaming-Anbietern wie last.fm, Spotify, roccatune. Wir kaufen die ein oder andere Platte oder bezahlen für einen Download. Wir gehen auf Konzerte, kaufen Merchandise-Artikel und bezeichnen uns als Fans. Wir lesen Blogs, wir kennen die Hype Maschine und diverse Onlinemagazine. Und, wenn wir ehrlich sind, dann laden wir auch das eine oder ander Musikstück illegal herunter. Das ist unsere Seite.

Und auf der anderen Seite sitzen die Musiker. Denn die Musikindustrie ist genau genommen nur der Vermittler. Sicherlich ein wichtiger Vermittler, der eine Menge falscher Entscheidungen getroffen hat und trifft, und den man mitunter auch verachten kann. Aber auf der anderen Seite sitzt meines Erachtens der Künstler. Und dessen Meinung zur aktuellen Lage der Industrie geht in meinen Augen sehr oft einfach unter. Dabei wäre es doch gerade interessant zu erfahren, wie Musiker heutzutage leben, womit sie ihr Geld verdienen, wieviel Herzblut mit jedem nicht verkauften Album verloren geht, wie anstrengend das dauernde Touren ist, woher das Durchhaltevermögen kommt, warum man sich das überhaupt antut.

Und aus diesem Grund möchte ich die Musiker fragen. Ich bitte ausgesuchte Künstler, auf meinem Blog ihre Meinung kundzutun. Ihre Meinung zu Fans, zu illegalen Downloads, zu ihrem Arbeitsumfeld, ihrer Lebenssituation, der Musikindustrie, dem Musikerdasein. Dabei sind sie in Form und Inhalt völlig frei. Ob das nun ein kurzes Statement ist oder ein Kurzroman, ich mache keine Vorgaben.


Kommentare

2 Antworten zu „Seitenwechsel #18 – Robert Carl Blank“

  1. Hallo Fans von Robert Carl Blank,

    Wir haben Robert bei einem seiner Berliner Konzerte getroffen. Was wir da alles erfahren haben, erzählen wir Euch am Samstag (25. September 2010) ab 20.00 Uhr. Wir senden live unser Newcomer-Sendung des Monats aus dem Berliner Hauptstadtstudio. Zu hören sind jede Menge Songs von Robert Carl Blank, das Interview mit ihm, spandene und lustige Stories aus dem Backstagebereich bei Chaos4u-Radio.

    Also http://www.chaos4u-radio.de EINSCHALTEN!!! Wir freuen uns auf Euch!!
    Micha & Abendstern

  2. ContentSphereNews: Seitenwechsel #18 – Robert Carl Blank | nicorola musikblog http://goo.gl/fb/82bQS

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