Arcade Fire – Pink Elephant

Drei Jahre nach dem Skandal um Frontmann Win Butler kehrt Arcade Fire mit einem neuen Album zurück – und Pink Elephant trägt diesen Elefanten nicht zufällig im Titel. Der rosa Koloss im Raum steht sinnbildlich für das, was sich nicht mehr verdrängen lässt: Machtmissbrauch, Schuld, der lange Schatten einer Karriere, die einmal von Idealismus und Größe geprägt war. Dass Butler und Régine Chassagne nun ausgerechnet ein Konzeptalbum um Verdrängung, Selbstreflexion und Neuanfang bauen, ist entweder mutig oder kalkuliert. Vermutlich beides.

Musikalisch beginnt das Album leise, fast schüchtern. Open Your Heart or Die Trying, ein atmosphärisches Instrumental, gleitet zwischen Ambient-Flächen und Sci-Fi-Sakralstimmung à la Blade Runner. Im Titeltrack Pink Elephant setzt Butler auf zurückgenommenen Gesang, einen schleppenden Beat und Gitarren, die sich wie aus einer anderen Zeit ins Jetzt schleifen. Der Song ist weniger Statement als Stimmung: gebremst, unsicher, tastend.

Year of the Snake bringt etwas mehr Dynamik, bleibt aber im Zweifel verhaftet. Der Song zitiert sich durch eine Reihe von Selbstbeschwörungen und Stolperzeilen, irgendwo zwischen Reue und Resthoffnung. „So do what is true, don’t do what you should“, heißt es, fast als würde sich hier jemand selbst ins Gewissen reden.

Und dann kippt das Album, mal in Richtung Pathos (I Love Her Shadow), mal in Richtung Überforderung (Circle of Trust, Alien Nation), oft in Richtung kryptischer Seelenlagen. Arcade Fire versuchen, groß zu denken, verlieren sich aber nicht selten in Andeutungen und Symbolismus. Das wirkt manchmal ehrlich, manchmal verkopft.

Das vielleicht stärkste Stück der Platte ist das bereits erwähnte I Love Her Shadow. Ein leuchtendes, schillerndes Highlight mit Disco-Beat, schrägen Casio-Akkorden und einem Groove, der an das letzte Album WE erinnert.

Im Schlussteil hellt sich das Bild noch einmal auf. Ride or Die spielt mit Lagerfeuerintimität, She Cries Diamond Rain ist ein zurückgelehntes, fast sphärisches Instrumental. Stuck in My Head versucht schließlich, alles aufzulösen, mit großem Sound, eruptivem Refrain und dem Mantra „Clean up your heart!“. Die Dringlichkeit ist da, bleibt aber rätselhaft: Geht es um Buße, um Heilung, um Selbstvergebung?

Pink Elephant ist ein widersprüchliches Album, zerrissen zwischen alten Idealen und einer Gegenwart, die nicht mehr so leicht zu erzählen ist. Manchmal trifft es mich, manchmal lässt es mich ratlos zurück.


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