No Body – Loves You

Manchmal schreibt die Musik die besten Geschichten. Was als kühne Idee eines Hobbymusikers begann, wurde zu einem Album mit zwei der markantesten Persönlichkeiten der deutschen Indie-Rock-Szene. Loves You, das Debüt von No Body, vereint Sascha Wiercinskis instrumentale Visionen mit der unverwechselbaren Stimme von Aydo Abay (Blackmail, Abay) und dem präzisen Schlagzeugspiel von Thomas Götz (Beatsteaks).

Das Ergebnis ist ein Album, das zwischen roher Energie und melancholischer Atmosphäre pendelt – ein Werk, das aus ungewöhnlichen Umständen entstand und dennoch wie eine organische Einheit klingt.

Die Geschichte hinter No Body ist so bemerkenswert wie die Musik selbst. Wiercinski, der sich das Musikmachen erst 2017 autodidaktisch beigebracht hatte, veröffentlichte seine Stücke unter dem Namen Old Nobody. Doch in seinem Kopf hörte er eine Stimme: die von Aydo Abay.

Also schrieb er ihm eine Nachricht. Abay sagte zunächst ab – doch die Songs ließen ihn nicht los. Aus einer vagen Idee wurde schließlich ein gemeinsames Album, auf dem sich Abay und Götz nicht einfach als Gäste einfügen, sondern die Songs in eine ganz neue Richtung lenken.

Musikalisch bewegt sich Loves You zwischen kantigem Post-Rock, sphärischen Soundlandschaften und direkten, treibenden Rockmomenten. Out On Crystal erinnert mit seinen stoischen Drums und dem wütenden Riff an die beste Phase von Blackmail, während Twisties mit verhallten Keys und schwebenden Gitarren Post-Rock-Melancholie verströmt.

Doch das Album hat auch experimentelle Facetten. Fear of the Golden Hour spielt mit hypnotischen Soundflächen und düsteren Stimmungen, während I Have to Bomb This Mountain fast meditativ wirkt. Mit The Hideout folgt dann einer der direktesten Songs der Platte – ein kompakter, energiegeladener Track, der die Dynamik von No Body in ihrer reinsten Form einfängt. In Pancake Heart verschmelzen Abays Stimme und die von Suzie Kerstgens (Klee) zu einer berührenden Harmonie, die das Album mit einem emotionalen Ausrufezeichen beendet.

Allerdings zeigt sich an manchen Stellen auch eine Schwäche dieser ungewöhnlichen Arbeitsweise: Einige Stücke wirken durch die fehlende gemeinsame Studiozeit in ihrer Struktur zu vorhersehbar. Dynamische Entwicklungen bleiben oft aus, was dazu führt, dass sich bestimmte Muster wiederholen, ohne sich weiterzuentwickeln. Gerade bei längeren Tracks wäre eine stärkere Dramaturgie wünschenswert gewesen, um den Spannungsbogen noch konsequenter aufzubauen.

Trotzdem ist Loves You ein Album voller Emotionen – von Weltschmerz bis Hoffnung, von kathartischer Energie bis zu introspektiven Momenten. Ein beeindruckendes Debüt, nicht nur für Fans von Blackmail oder Beatsteaks.


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