Lässt sich Musik beschreiben? Was mir Reviews bedeuten.

Egal wie beeindruckend die Musikvideos, wie cool die Bandfotos oder wie poetisch die Schreiben der PR-Firmen auch sein mögen: Musik wird gehört.

Ich lausche einem Song, und bereits nach wenigen Sekunden kann ich abschätzen, ob ich ich mich für ihn interessiere. Wenn das der Fall ist, höre ich weiter. Meistens bis zum Refrain. Wenn der mich überzeugt, hat mich der Song.

Ich liebe es, neue Musik zu entdecken, bei Bandcamp oder Soundcloud zu stöbern, Playlisten zu erstellen. Reviews oder Kritiken in Blogs oder Magazinen lese ich allerdings selten bis gar nicht. Ich entdecke neue Musik schon lange nicht mehr mit den Augen und dem Verstand, sondern durch meine Ohren.

Denn Musik ist eine emotionale Angelegenheit, und durch das Reinhören bekomme ich sofort ein Gefühl für den Song oder das Album. Wörter versuchen dieses Gefühl im besten Fall nur zu umschreiben. Dies gelingt dem Autor mal besser und mal schlechter.

Oftmals werden aber nur Fakten geliefert, Schubladen geöffnet und Vergleiche gezogen. Früher habe ich viel mehr Kritiken gelesen, denn da konnte ich mir die Musik erst anhören, wenn ich im Plattenladen stand, mir die CD raussuchte und in den CD-Player legte.

Da war die Musikzeitschrift noch ein wichtiger Bestandteil für die Vorauswahl, die Einordnung und die Information. Heute ist jeder Song und jedes Album nur einen Klick entfernt.

Deswegen reicht mir bei einem Blogartikel schon ein kurzer Hinweis in dem Stil von „Sounds like: The Raconteurs, Dead Weather“ um auf den Playbutton des Soundcloud-Widgets zu drücken.

Reviews überfliege ich höchstens

Reviews überfliege ich höchstens, nur um dann schnell zum Albumstream zu wechseln. Erst wenn ich das Album mehrere Male gehört habe, seine Bedeutung für mich erfasst habe, dann lese ich manchmal nach.

Oftmals aber nur, um meinen Eindruck zu bestätigen („Ja, das sehe ich ganz genau so!“). Oder um mich zu empören („Wie kann der nur so völlig anderer Meinung sein?“).

Weil Reviews für mich keine große Rolle mehr spielen (Ausnahmen gibt es immer!), fallen mir meine eigenen übrigens sehr schwer. Denn natürlich frage ich mich, ob ihr sie überhaupt braucht.

Wenn die Suche nach den richtigen Wörtern nicht so viel Spaß machen würde, hätte ich schon lange aufgegeben.

Kommentare

  1. Avatar von Florian

    Sehr guter Artikel! Diese Frage habe ich mir selbst schon oft gestellt. Noch bis vor ein paar Wochen hätte ich sie mit nein beantwortet. Deshalb habe ich auch das ganze letzte Jahr nichts mehr über Musik geschrieben, sondern nur noch getwittert und den Jahresrückblick erstellt.

    Mittlerweile glaube ich aber, dasss es sich sehr wohl lohnt, ihr* musikalisches Erlebnis in Worte zu fassen. Nicht nur, um anderen etwas mitzuteilen, sondern auch, um selbst einen klareren Kopf zu bekommen. Da bin ich dann ganz für das, was SomeVapourTrails „sich in reinster Subjektivität ergehen und herumwälzen“ nennt. Aber natürlich ist eine gute Möglichkeit, sich bei diesem Prozess an den Fakten entlangzuhangeln: Melodien, Arrangements, Texte.

    Ich denke, den einzigen Fehler, den man machen könnte, wäre, Absolutheitsansprüche zu stellen (wie bei allem Geschriebenen). Und die Auflistungen biografischer Fakten? Klar, das tut keiner* weh und schadet nicht. Aber soo spannend ist es meistens auch nicht.

  2. Avatar von SomeVapourTrails

    Ich glaube, dass sich die wenigsten Rezensenten noch die Mühe machen, einen eigenen Gedanken an die Musik zu knüpfen, einen vielleicht nicht augenscheinlichen Aspekt herauszuarbeiten. Da wird im üblichen Rezensionssprech die Platte runtergerasselt, noch ein paar Haare in der Suppe gesucht, damit die eigene Integrität und Unbestechlichkeit sichergestellt ist. Oder aber man ergeht sich in reinster Subjektivität, wälzt diese ohne stichhaltige Begründung aus. Ein schieres „Gefällt mir“ ist dann halt auch nichts, was dem Leser einen Mehrwert beschert.

    Ich verbeiße mich oft in Lyrics, komme auf keinen grünen Zweig und frage dann bei der zuständigen Promofirma nach, ob es die Lyrics zur Musik vorliegen. Da bekomme ich oft – nicht bei allen! – ein Staunen zurück, so als würde sonst niemand danach fragen. Das lässt für mich nur den Schluss zu, dass sich meine Rezensentenkollegen entweder die Ohren besser waschen, über größere Englischkenntnisse verfügen oder aber Lyrics geringschätzen.