Kaum eine Künstlerin versteht es so gut, Dramatik und Verletzlichkeit miteinander zu verweben wie Florence Welch. Auf ihrem sechsten Album Everybody Scream klingt sie offener, direkter und zugleich entschlossener als je zuvor. Der Titel ist nicht nur eine Metapher, sondern ein Manifest: Schreien als Überleben, als Katharsis, als Akt des Loslassens.
Der Opener und Titeltrack entfaltet sich wie ein dunkles Gebet. Stampfende Drums, Orgeln, Chöre und eine Stimme, die zwischen Zorn und Ekstase schwankt. Welch singt über den Kreislauf aus Zusammenbruch und Wiederauferstehung, über die Mechanik des Ruhms und die Erschöpfung, die darin liegt.
„I break down, get up, do it all again“
Eine Zeile, die kaum ehrlicher sein könnte, nachdem sie öffentlich über körperliche und seelische Krisen gesprochen hat.
Songs wie One of the Greats oder Music by Men greifen diesen Konflikt frontal auf. Sie sind bissig, selbstironisch und zugleich zutiefst persönlich.
Wenn Welch singt: „It must be nice to be a man and make boring music just because you can“, dann klingt das weniger nach Wut als nach resigniertem Witz. Ein Satz, der im Raum stehen bleibt.
Musikalisch bleibt Florence + The Machine ihrem Stil treu, doch das Klangbild ist fokussierter. Weniger Überwältigung, mehr Raum. Perfume and Milk zeigt eine fast kammermusikalische Intimität, Drink Deep wächst langsam zu einem schwebenden Finale, in dem sich Pop, Ritual und Trance berühren.
You Can Have It All bringt schließlich die ganze Spannweite dieses Albums auf den Punkt: von pochenden Drums über schrille Streicher bis zur völligen Ruhe.
Trotz aller Größe wirkt Everybody Scream nie überladen. Welch hat gelernt, Pathos zu dosieren und ihre Energie gezielter einzusetzen. Die Songs atmen, sie dürfen brennen und verklingen.
Am Ende steht And Love, ein stilles, fast zaghaftes Schlussstück. Ein Song, der nicht triumphiert, sondern durchatmet. „Peace is coming“, singt sie, und man glaubt es ihr.
Everybody Scream ist kein Befreiungsschlag, sondern eine Selbstvergewisserung. Florence Welch schreit nicht mehr gegen die Welt. Sie schreit, um sich in ihr wiederzufinden.






Schreibe einen Kommentar