Interview mit Wilderness.

Aus dem hohen Norden, genauer gesagt aus Stockholm, kommen Wilderness. Sie haben im April letzten Jahres ihre aktuelle EP „This World Is Not Ours“ veröffentlicht. Ihr Song “Push Your Hand Right Through Me” konnte mich auf Anhieb überzeugen. Mein Interesse war geweckt.

Hallo. Danke, dass ihr euch die Zeit nehmt, mir einige Fragen zu beantworten. Könnt ihr euch bitte kurz vorstellen?

Hallo, wir sind Kim und Erik. Wir sind seit unserer frühestens Kindheit beste Freunde. Seitdem wir 13 sind, machen wir zusammen Musik. Wir spielen Gitarre bzw. singen und repräsentieren Wilderness.

Könnt ihr mir ein wenig zur Entstehungsgeschichte der Band erzählen?

Wir bereits gesagt spielen wir bereits seit geraumer Zeit zusammen und haben schon in diversen Bands gespielt. In allen unseren früheren Projekten waren wir die beiden Hauptsongwriter.

In unserer letzten Band, die immerhin 10 Jahre Bestand hatte, hatten wir die Idee, dass jedes einzelne Bandmitglied am kreativen Prozess beteiligt sein sollte. Das klingt in der Theorie erst einmal großartig. In der Praxis ist es allerdings sehr schwierig, wenn sich die Visionen der einzelnen Mitglieder nicht immer decken.

WildernessWir haben dann vor drei Jahren Wilderness gestartet, weil wir bemerkt haben, dass wir zwar schon ewig zusammen Musik machen, aber immer irgendwelche Kompromisse eingegangen sind. Wilderness ist auf der einen Seite das Symbol unserer Freundschaft, auf der anderen Seite eine kreative Gruppe, bei der nicht nur andere Musiker, sondern auch Freunde beteiligt sind.

Unser Label in Bangkok, die Regisseure unserer Musikvideos (Bangkok, Tokio, Stockholm) und unsere Hörer – alle sind Teil von Wilderness. Das klingt jetzt vielleicht ein wenig abgehoben, aber wir mögen den Gedanken, dass bei unserer Kunst ein Menge unterschiedlicher Leute involviert sind. Musik wirkt durch viele verschiedene Kunstformen, z.B. Artwork und Design, Video, Lyrics, und jede dieser Ausdrucksformen ist Teil der Band.

Wilderness ist aktuell ein freier und lebender Prozess, und die Musik wird eben davon beeinflusst, wer gerade ein Teil dieses Projekts ist. Die heutige Konstellation besteht aus mindestens vier Leuten, von denen mindestens zwei nicht männlich sind. Reine Männer-Bands finden wir ermüdend.

Wenn so viele unterschiedliche Leute an der Entstehung der Musik bzw. des Projekts Wilderness beteiligt sind, war es da nicht schwer, einen eigenen Sound zu entwickeln?

Um ehrlich zu sein: es war wirklich sehr schwer. Die Vision hatten wir schon seit Jahren im Kopf, aber es dauerte fast zwei Jahre, bis wir den Sound für Wilderness gefunden hatten. Wir haben unsere erste EP vor der Veröffentlichung drei- oder viermal aufgenommen, weil wir einfach nach einem anderen Sound suchten.

Wir würden sagen, dass sich der Sound unserer Veröffentlichungen ziemlich gut mit unseren Vorstellungen deckt, zumindest im Bereich Synthies, Schlagzeug und Gitarre. Wir sehen Wilderness als ein Ventil, um uns selber auszudrücken, und wir wollen Musik machen, die für uns relevant ist. Eigentlich ein niemals endender Prozess, würde ich sagen.

Apropos EP: ich finde es ein wenig schwer, eure bisherigen Veröffentlichungen genau zu erfassen. Ihr habt ein Album auf einem thailändischen Label veröffentlicht und eine EP in Eigenregie. Soweit richtig?

Ja und nein. Wir haben zwei EP selbst veröffentlicht und eine Art Special Edition mit Namen „Vallsundet 1924“ in Thailand auf Colorcode Records, auf der die Songs der beiden Eps vertreten waren.

Wilderness EP

This World Is Not Ours

Vallsundet 1924

Auf Facebook habt ihr geschrieben: “New music later this year”. Ihr arbeitet also an neuen Songs? Wie geht’s voran? Seid ihr auf der Suche nach einem Deal mit einer Plattenfirma?

Ja, richtig. Wir sind gerade dabei, zwei neue Songs fertig zu stellen, welche im Sommer veröffentlicht werden. Erik geht im Frühling nach Istanbul, und wir haben beschlossen, nichts zu veröffentlichen, bis er zurück ist. Ohne ihn gäbe es keine vernünftige Record Release Party.

Wir werden die beiden Songs als Vinyl-Single veröffentlichen. Bisher geht es gut voran und wir lieben den Sound, den wir fabrizieren. Wir freuen uns darauf, wenn auch andere ihn hören können.

Wir wollen natürlich, dass so viele Menschen wie möglich unsere Musik hören, aber wir glauben nicht, dass dafür ein Label notwendig ist.

Wir wollen natürlich, dass so viele Menschen wie möglich unsere Musik hören, aber wir glauben nicht, dass dafür ein Label notwendig ist. Musik machen hat für uns viel mit Kollaboration zu tun. Falls jemand unsere Visionen und unseren Ansichten teilt (wie zum Beispiel Colorcode), dann passt das für uns. Aber allgemein sehen wir eine Menge Probleme im aktuellen Musikbusiness.

Welche Probleme?

Wir denken, dass die digitalen Plattformen und ganz allgemein die allumfängliche Verfügbarkeit von Musik sowohl für Hörer als auch für Musiker großartig ist. Filesharing und Musikpiraterie haben Musik für alle verfügbar gemacht, unabhängig vom Einkommen, was wir sehr begrüßen.

Ohne das Internet und ohne Filesharing wären wir niemals durch Asien getourt, hätten eine Menge toller Leute niemals getroffen und wären nicht an Orten gewesen, von deren Existenz wir vorher nichts wussten.

Andererseits ist es für relativ kleine Bands und Künstler wie uns natürlich ungleich schwerer, von der Musik zu leben. Es gibt einfach so viele Bands da draußen. Die Gagen für Liveauftritte wurden in den letzten Jahren erheblich reduziert.

Wir denken, dass ein Plattenvertrag dann Sinn macht, wenn das Label die gleichen Visionen teilt oder wenn ein Major Label einer Band eine Menge Geld und Ressourcen zur Verfügung stellen kann, um potentielle Fans zu erreichen.

Aber mit Major Labels gibt es natürlich auch eine Menge Probleme, genau wie mit jedem großen Konzern. Am Ende geht es darum, möglichst viele Hörer und Fans zu finden, ohne seine künstlerische Integrität zu verlieren.

Wir sehen in gewisser Weise überhaupt keine Probleme, wir machen einfach, wozu wir Lust haben. Wir haben keinerlei Ambitionen, von unserer Musik zu leben. Was aber nicht heißen soll, dass wir sie nicht lieben und an so viele Menschen wie möglich herantragen wollen.

Wenn ihr nur eine Platte für den Rest eures Lebens spielen könnt, welche würde das sein?

Kim: Laut den am meisten gespielten Songs in iTunes und meiner aktuellen Meinung wäre das wohl die dritte Symphonie von Górecki oder „What Does Anything Mean Basically” von The Chameleons.

Erik: Das wäre wahrscheinlich Brian Eno, “ Apollo”, “Discreet Music” oder so.

Worauf freut ihr euch in diesem Jahr?

Auf die Veröffentlichung unserer neuen Songs und auf die Release Party in Stockholm. Und vielleicht gehen wir Ende des Jahres wieder nach Südostasien. Unsere erste Reise dorthin war überwältigend.

Könnt ihr uns abschließend noch etwas über Wilderness verraten, was bisher keiner wusste?

Wir hatten nur vier Auftritte in Schweden, bevor wir in Asien getourt sind.

Vielen Dank!

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