Mein Jahr in Metal 2012

Ende der Achtziger, Anfang der Neunziger des letzten Jahrhunderts war ich bekanntermaßen ein Metalhead. Und zwar von der übelsten Sorte. Es konnte nicht hart genung sein. Wobei ich nicht so auf diesen Hasenfick-Grindcore stand, sondern eher auf wuchtiges Gedröhne und Gegrunze. Ich habe eine spannende Zeit miterlebt, die Debütalben von Morbid Angel, Entombed, Unleashed, Dismember, Cannibal Corpse, Morgoth, Bolt Thrower, Deicide, Grave, Asphyx und wie sie alle heißen. Ich wußte was es heißt, wenn hinten auf der Platte Scott Burns oder Sunlight Studios stand. Ich ließ kaum eine andere Musik an mich heran. Das ist lange her. Aber von Zeit zu Zeit packt mich die Neugier, und ich möchte wissen, was gerade aktuell ist.

Natürlich habe ich auch 2012 in diverse Alben reingehört, und erfreulicherweise waren ein paar ziemlich gute Sachen dabei. Zum Beispiel die Franzosen von Gojira, die mit ihrem neuesten Longplayer L’Enfant sauvage ein ziemliches Brett abgeliefert haben. Die Jungs hauen ein großartiges Riff nach dem anderen raus und wissen, wie man das Tempo verschleppt und es auch mal richtig grooven lässt. Oder die alten Ruhrpott-Heroen von Kreator. Die haben 2012 mit Phantom Antichrist einen ziemlichen Klopper rausgehauen. Thrash vom Allerfeinsten, der zeigt, das die Jungs um Mille Petrozza noch lange nicht zum alten Eisen gehören.

Bei Grave und deren aktuellem Werk Endless Procession Of Souls bin ich eigentlich nur hängengeblieben, weil die mir sofort das Gefühl gaben wieder 17 zu sein. Geändert hat sich bei denen fast nichts. Klar, der Sound ist nicht mehr ganz so arg sumpfig wie vor 20 Jahren, aber die bollern immer noch genauso los wie auf ihrem Erstling und sie klingen immer noch nach Schweden. Vorhersehbar, aber irgendwie faszinierend. Bei Testament dachte ich im Prinzip dasselbe wie bei Kreator: wer hätte gedacht, das die alten Herren noch so dermaßen frisch klingen können? Auf Dark Roots of Earth dominieren tolle Gitarrenläufe, kraftvoller Gesang und packende Riffs. Hätte ich ehrlich gesagt nicht gedacht.

Klar, Converge sind im klassichen Sinne kein Metal, aber in diesem Jahr habe ich neben All We Love We Leave Behind nichts kompromissloseres und härteres gehört. Es geht nicht immer um heruntergestimmte Gitarren oder verzerrten Gesang, sondern oft auch um gebündelte Aggression und Energie. Und da kann den Jungs aus Boston in diesem Jahr niemand das Wasser reichen.

Ich verstehe zwar nach wie vor nicht so recht, warum Lamb Of God für “Wrath” so viel Kritik einstecken mussten, aber mit Resolution sollten die Nörgler verstummt sein. Technisch beeindruckende Soli und harte Thrash-Riffs, ein geifernder und sich auskotzender Frontmann… so mag ich das.