Postcards – I’ll Be Here In The Morning (Review)

Ich habe mir im neuen Jahr eine Art Ritual zugelegt: ich suche mir ein neues Album aus und höre es mehrere Tage am Stück. Natürlich muss da ein Funke sein, damit ich Interesse habe. Aber wenn der da ist, dann gibt es Dauerschleife (hier und da höre ich natürlich andere Songs, aber keine anderen Alben).

Das habe ich so bei Typhoon gemacht, bei Tocotronic, The Limiñanas und bei Leyya. Und jetzt auch bei Postcards. Die Band kommt aus Beirut im Libanon. Entdeckt habe ich sie bei Lie in the Sound. Ich war sofort gefangen von Bright Lights, einem reduzierten, aber einnehmenden und clever konstruierten Song.

Das Debütalbum überzeugt mit schwermütigem Dream-Pop, der oft spärlich instrumentiert ist und von der Stimme von Julia Sabras getragen wird. Aus diesem Schema bricht das Duo zwar hin und wieder aus, aber nach kurzen rockigen (Bright Lights) oder psychedelischen (Wrinkles) Momenten kehren sie immer wieder zu ihrer melancholischen Basis zurück.

Dabei gelingen ihnen mitunter kleine Wunder. Das bereits erwähnte Wrinkles ist ein herzergreifendes Stück mit wundervollern Melodien und einer beklemmend schönen Atmosphäre.

Mein Lieblingssong ist allerdings das abschließende Wide Awake. Der Song beginnt unverdächtig und lässt mich an Gisbert zu Knyphausen denken, bevor dann die mehr gehauchte als gesunge Stimme Sabras einsetzt. Nach knapp zwei Minuten taucht dann im Hintergrund dieser Synthesizer auf, erst ganz dezent, dann immer deutlicher. Irgendwann drängt er sich in den Vordergrund und mir stellen sich die Haare auf. Jedes verdammte Mal.

Interessanterweise lässt meine Begeisterung genau in dem Moment nach, in welchem sich ein wenig Optimismus anbahnt. A Broken Record klingt nicht so, wie der Titel vermuten lässt. Zwar handelt es sich nicht um einen klassischen Gute-Laune-Song, aber mich reißt das Stück immer ein wenig raus. Aber das ist nicht weiter schlimm, denn wo Sonne ist, ist zum Glück auch immer Schatten.

Mit ihrem Debütalbum ist Postcards ein stilles, aber bewegendes Werk gelungen, welches sich nicht aufdrängt, aber durch seine Tiefe überzeugt.



Kommentare

2 Antworten zu „Postcards – I’ll Be Here In The Morning (Review)“

  1. Der Satz “…wo Sonne ist, ist zum Glück auch immer Schatten.” ist wunderbar tiefgängig. Deine Worte fangen die Musik toll ein.

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