R.I.P. Kinderzimmer Productions

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Nach dem Split der Blood Brothers nun die zweite schlechte Nachricht in wenigen Tagen: Kinderzimmer Productions hören auf. Noch im Frühsommer hatten sie mit “Asphalt” ein wirklich hörenswertes Album vorgelegt, aber nach der aktuellen Tour ist Schluß. Und wer auf dem Standpunkt steht “ich bezahl nichts für Musik, ich gehe doch immerhin auf ein paar Konzerte!”, der sollte sich das Interview mit Textor bei fudder einmal in Ruhe durchlesen.

Das ganze System war und ist hauptsächlich auf die Verkäufe von Tonträgern aufgebaut, und wenn man sich anschaut, wie sich die Tonträgerverkäufe entwickelt haben, dann kann man sich schnell ausrechnen, wie es aussieht. Bei uns ist das so: Wenn man 1996 als Vergleichsjahr nimmt, dann ist bei gleicher Verbreitung der Musik der Absatz an Tonträgern um Faktor Zehn in den Keller gesunken.

[…] Wenn man zehn Mal weniger Platten verkauft, dann hat man eben auch zehn Mal weniger Geld in der Kasse. Das macht sich dann dadurch bemerkbar, dass man kein Geld mehr für Promotion hat. Man pfeift im Prinzip immer aus dem letzten Loch und ist darauf angewiesen, Leute schlechter zu bezahlen, als man will. Das ist eine anstrengende Geschichte. Jeder der mal versucht hat, mit wenig Geld irgendwas auf die Beine zu stellen, wird das kennen.

[…] Da ist einfach zu wenig Response von der Seite der Hörer, es kommt zu wenig verwertbare Energie zurück. Ist ja schön, dass die Leute die Platten lieben und mögen, aber es muss eben auch, damit man die Platten verbreiten kann, etwas handfesteres passieren als das.

[…] Mir liegt es fern, das Hassen anzufangen. Die anderen Teile der Industrie versuchen ja zum Beispiel, Leute zu kriminalisieren, und behaupten, das wäre Diebstahl. Ich finde die Idee, dass Musik frei zugänglich ist, eigentlich sehr schön. Das Problem ist nur, dass die Idee des Mietezahlens parallel leider noch nicht abgeschafft wurde. Ich hätte ja kein Problem damit, Musik frei zugänglich zu machen, wenn ich nicht noch andere Zwänge hätte.

[…] Ich hab keine Idee, wie sich das zurückdrehen lässt. Die CD ist meines Erachtens tot. Es gibt einen kleinen Anteil von Leuten, die noch Vinyl kaufen, aber auch die Konzertbesucherzahlen sind in den meisten Fällen rückläufig.

fudder: Kinderzimmer Productions: “Wir legen unseren Namen zu den Akten”


Kommentare

5 Antworten zu „R.I.P. Kinderzimmer Productions“

  1. Das Kinderzimmer war keine meine Lieblingsgruppe, aber es ist wirklich schade, dass die Buben zerfallen sind, warum ist das Leben so ungerecht.

  2. Ich habe alle Platten der Jungs im Regal. Wirklich schade!

  3. Beim Interview auf FM4 heute Nachmittag klang für mich so ein bisschen durch, dass jetzt zwar erstmal Schluss ist, aber das noch kein Ende sein muss. In der nahen Zukunft wolle die Band erstmal die sechs Alben, die sie noch auf Halde haben verkaufen und dann sehen wie weiter in dieser Branche gearbeitet werden kann. Es hörte sich wie Aufgabe an, aber nicht wie “für immer”. Schade, dass ich die Band erst mit dem jüngsten Album kennen gelernt habe.

  4. Dann habe ich ja wohl eins der letzten Konzerte der Kinderzimmer Productions auf dem Dockville-Festival gesehen… Ich war bei insgesamt drei Konzerten der beiden und fand die Band live immer gut. Aber ‘ne Platte gekauft habe ich mir auch nie, so weit ging die Begeisterung dann doch nicht.

  5. Es ist halt alles im Wandel und es müssen halt neue Vertriebswege gefunden werden. Den Unsinn von wegen Musik solle frei sein, ist wie jene die den Marxismus so sehr geliebt haben aber dann doch lieber ihr Geld im Westen verdient und ausgegeben haben. Idealismus und Praxis gehen halt nicht immer Hand in Hand. Auf der anderen Seite hat man aber eine Industrie die an alten Rechten wie wild fest hält und sich nicht dem neuem Konsumwandel anpassen kann/will.

    Kurios wie eine tot geglaubte Firma wie Apple dagegen ganz gut davon profitiert.

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