Berlin: ein Rückblick. Teil 1.

Jetzt, wo mein Umzug nach Österreich nicht einmal mehr drei Wochen entfernt ist, kommen die Erinnerungen hoch. An die Stadt Berlin, die tollen Zeiten, die unvergesslichen Erlebnisse. Und da es hier auf nicorola.de nicht nur um Musik, sondern auch um mich geht, dachte ich mir, ich lasse euch ein wenig an meinem Rückblick teilhaben.

Der Anfang: vom Zivildienst bis nach Potsdam.

1994 machte ich mein Abitur. Damals gab es im Anschluss für junge Männer wie mich nur zwei Optionen: Wehrdienst oder Zivildienst. Ich entschied mich für den Zivildienst, obwohl das für mich 3 Monate mehr Dienst an der Gemeinschaft bedeutete (15 Monate vs. 12 Monate). Bei der Musterung wurde ich mit T2 eingestuft; ich war also fähig. Für knappe 3 Monate arbeitete ich in einer Tagesbildungsstätte und hatte Spaß an der Arbeit.

Doch dann der Schock: am 23. Dezember 1994, einen Tag vor Heiligabend, wurde ich zum Chef der Einrichtung zitiert. Er zeigte mir ein Schreiben und teilte mir mit, dass ich mit sofortiger Wirkung aus dem Zivildienst entlassen bin. Ich musste meine Sachen packen und nach Hause gehen, denn als Zivilist hatte ich dort nichts mehr zu suchen. Ich war geschockt. Nachträglich ausgemustert. Der Grund können nur meine Kontaktlinsen gewesen sein. Bei meiner Musterung wurde natürlich festgehalten, dass ich welche trage, aber als dann in der Dienstzeit durch das nicht gerade zärtliche Grapschen eines Kindes die rechte zerstört wurde, merkte man scheinbar auf einmal, das Kontaktlinsen richtig teuer sein können. Zwar zahlte man mir meinen Verlust noch, entließ mich aber sicherheitshalber aus dem Dienst, um weitere Kosten zu vermeiden.

So saß ich also über die Weihnachtsfeiertage da und dachte darüber nach, was aus mir werden soll. Eigentlich hatte ich damit gerechnet, noch ein Jahr Zeit für die Entscheidung meiner zukünftigen Laufbahn zu haben. Jetzt blieben mir noch knapp drei Wochen, um mich bei diversen Unis zu bewerben. Aber was sollte ich machen? Ich entschied mich für meine damalige Leidenschaft, die Kunst. In Kombination mit dem Berufsfeld, welches ich mir durch meine Eindrücke in den letzten drei Monaten am ehesten vorstellen konnte: Lehramt.

Foto: jrgcastro, CC-Lizenz

Ich bewarb mich also unter Höchstdruck bundesweit an den verschiedensten Unis. Die erste Zusage zur Aufnahmeprüfung kam aus Potsdam. Ich fuhr hin, bestand die Prüfung und entschied mich, in den ehemaligen Osten an der Rand der Metropole Berlin zu ziehen. Über das Studentenwohnheim bekam ich meine erste Residenz außerhalb des elterlichen Hauses zugewiesen: das Wohnheim T1 in der Nähe der Universität am Park Sanssouci (in diesem Video kriegt man einen Eindruck, aber 1995 war das alles noch ganz anders).

Ich teilte mir meine knapp 18m² mit einem Mitbewohner, einem Meerschweinchen und ein paar hässlichen Möbeln. Knappe drei Monate hielt ich es dort aus, dann zog ich in eine WG in die Clara-Zetkin-Straße. Wir waren zu fünft, ich hatte ein eigenes Zimmer mit Kachelofen und selbstgebautem Hochbett und es waren tolle Zeiten. Im Sommer fuhren wir mit den alten S-Bahnen, bei denen man im Sommer noch während der Fahrt die Türen aufstemmen konnte, in die nahe gelegene Metropole Berlin und kamen erst zum Sonnenaufgang zurück (historischer Fakt: ein Monatsticket kostete damals 45 DM, und das war vor der Einteilung in die drei Zonen).

Natürlich studierte ich auch, aber viel aufregender waren die neuen Leute, die Freiheiten des eigenen Lebens, die Clubs in Berlin. Als dann ein paar meiner Freunde nach Berlin umzogen, folgte ich ihnen. Ich suchte mir eine Wohnung in Neukölln.

Dazu mehr im zweiten Teil.


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