Das Debüt der britischen Band The Indelicates mit dem Titel „American Demo“ begeistert mich immer noch. Indie-Rock mit einer Prise Piano und ironischen, teils bissigen Texten. Julia und Simon Indelicate sind die kreativen Köpfe hinter dieser 2005 gegründeten Band aus Brighton. Ihre Musik hat mich dermaßen überzeugt, das ich dachte „die mußt du interviewen!“. Durch einen netten Kontakt bei Weekender Records klappte dies zum Glück sehr schnell.
nicorola: Hallo. Danke, das du dir die Zeit nimmst, mir einige Fragen zu beantworten. Kannst du dich bitte kurz vorstellen?
Julia: Ich bin’s, Julia Indelicate. Simon fühlt sich gerade nicht so gut.
nicorola: Wie seit ihr als Band zusammen gekommen?
Julia: Ich war vorher in einer anderen Band, aus der ich aber ausgestiegen bin. Simon und ich haben uns ein paar Jahre zuvor bei einem Poetry Slam kennengelernt, und wir hatten so ziemlich die gleichen Ideen zu den meisten Dingen, also entschlossen wir uns, daraus Songs zu machen.
nicorola: Was ist euer musikalischer Hintergrund?
Julia: Simon spielt seit seiner Kindheit Gitarre. Ich habe mit 6 Jahren angefangen Piano zu spielen, mit 12 Jahren Oboe und später, mit 17 habe ich mit wenig Erfolg angefangen, mir das Gitarrespielen beizubringen. Für gewöhnlich stimmte ich die Gitarre auf D runter und spielte mit einem Finger, das macht viel mehr Spaß!
nicorola: Hast du neben der bereits erwähnten Band vor den Indelicates schon in anderen Gruppen gespielt?
Julia: Ich war Gründungsmitglied der Pipettes, bevor alles den Bach runterging. Aber davor spielte ich in einer Band namens Endgame mit meinem Schlagzeuger Ed. So eine Art von düsterem Massive Attack-Stil, heute sehr lustig anzuhören. Ich glaueb Simon war in ein paar Bands während seiner Teenager-Zeit, wie eigentlich alle von uns 🙂
nicorola: Woher kommt euer Bandname?
Julia: Von Simon :-). Aber es ist ein interessantes Wort, weil es so völlig anders klingt als das, was es bedeutet. Das es irgendwie delikat klingt, aber auf Dinge verweist, die es eben nicht sind. Es geht Hand in Hand mit Phrasen wie ‚leaving your dirty washing out to dry‘. We don’t put things delicately !
nicorola: Die Indelicates sind so etwas wie ein Insidertipp. Ist das eine Last für euch oder nehmt ihr das eher gelassen?
Julia: Sind wir das? Wirklich? Verdammt! Uns wurde nicht soviel geholfen wie anderen Künstlern, bisher haben wir fast alles alleine gemacht, obwohl Weekender Records uns von Zeit zu Zeit unter die Arme griff. Es ist immer nett, wenn dich viele Leute kennen, also ist ein Insidertipp ein guter Start!
nicorola: Euer Debüt ist vor ein paar Wochen erschienen. Wie fühlt ihr euch damit? Nervös, erleichtert, zufrieden?
Julia: Wir waren sehr depressiv, nervös und ängstlich vor dem Veröffentlichungstermin, weil man eigentlich gar nicht möchte, das es veröffentlicht wird. Du weißt, das es einige Leute nicht mögen werden, das einige die Demoversionen bevorzugen und andere dich einfach nicht ausstehen können. Das ist ENTZETZLICH! Aber so langsam bekomme ich das in den Griff. Die meisten Leute mögen unser Album, und das ist sehr schön. Eigentlich möchte ich jetzt schon mit dem zweiten Album weitermachen, aber warten wir mal ab.
nicorola: Welche Songs sind auf dem Album? Wie habt ihr die Trackklist ausgewählt?
Julia:Wir haben einige Songs weggelassen, denn wir hatten eine Menge zur Auswahl. Die unserer Meinung nach stärksten Tracks sind auf dem Album, oder diejenigen, die am besten ausdrücken, was wir zu sagen haben. „Fun is For The Feeble Minded“ ist zum Beispiel nicht auf dem Album, weil „America“ es irgendwie besser auf den Punkt bringt.
nicorola: Wie schreibt ihr eure Songs?
Julia: Normalerweise schreibe ich die Musik zuerst und danach die Texte, Simon macht das beides parallel. Wir nehmen dann das, was wir haben mit zur Band und dann wird daraus Rock!
nicorola: Einige eurer Songs, wie zum Beispiel „We Hate The Kids“ erinnern mich ein wenig an Carter USM. Zufall?
Julia: Kein Zufall. Simon war ein großer Fan, der Einflußt kommt aus seiner Jugendzeit. Außerdem hat Fruitbat von Carter unsere erste Single produziert, welche eben „We Hate The Kids“ war. Sie wußten also, was Sache ist 😉
nicorola: Eure Texte sind lustig, absurd und oftmals sehr ironisch. Woher nehm ihr eure Inspiration?
Julia: Unsere Inspiration beziehen wir hauptsächlich von Menschen, der Politik, von der Geschichte und unseren eigenen Erfahrungen.
nicorola: Wird eure Ironie öfters missverstanden?
Julia: Nein, eigentlich nicht. Viele Leute denke, das ich wirklich, wirklich gerne sechzehn wäre :-). Einige Leute verstehen es, und solange es diese gibt, ist alles in Ordnung.
nicorola: Wie würdest du einer alten Dame im Flugzeug neben dir eure Musik beschreiben?
Julia: Folk / Rock / Cabaret. Der Cabaret-Aspekt geht momentan etwas unter, aber es gibt ihr mit Sicherheit einen besseren Eindruck. Normalerweise sage ich, das wir Rockmusik machen, mit einem Piano.
nicorola: Was hälst du als Künstlerin von der aktuellen Lage der Musikindustrie?
Julia: Ich bin generell dafür, das Copyright abzuschaffen, oder den Menschen zu erlauben, die Musik zu verbreiten, solange die Künstler für ihre Arbeit bezahlt werden. Es gibt eine Menge Möglichkeiten Geld zu verdienen, nicht nur durch den Verkauf von CDs. Wenn die Musikindustrie neue Wege gehen muss, um Geld zu machen, dann sollte sie genau das tun. Ich weiß es nicht, vielleicht besseres Merchandising oder sowas. Wenn du unsere CD kaufst, dann ist dort auf der ersten Seite des Booklets ein Rätsel. Wenn du das Rätsel löst und dich auf dem freigelegten Pfad ins Internet begibst, dann erhälst du Gratis-Zeug. Aber du brauchst halt das Booklet der CD, und ich denke, das ist ein guter Kaufanreiz.
nicorola: Gibt es Pläne, Deutschland zu besuchen?
Julia:Wir besuchen Deutschland ständig. Die nächste Tour ist bereits unsere vierte.
nicorola: Was sind eure Zukunftspläne für die Indelicates?
Julia: Wir würden gerne ein zweites Album aufnehmen, in den USA lizensieren, und ich denke, wir werden im Herbst nach Japan fliegen, um die Veröffentlichung unseres Albums zu promoten. Ich denke, im Sommer werde ich etwas mit Streichern aufnemen, aber da bin ich mir noch nicht sicher.
nicorola: Du hast einen eigenen Blog, jclphotoblog.blogspot.com, auf denen du hauptsächlich Konzertfotos veröffentlichst. Was magst du am Bloggen?
Julia: Ich denke ich mag an Blogs, das sie einer großen Leserschaft zugänglich sind, und das ich viel mehr Informationen aus ihnen beziehe als zum Beispiel aus Zeitungen. Für meine Fotos kann ich mir keine Ausstellungen leisten, deswegen veröffentliche ich sie auf meinem Blog, und falls jemand Interesse an einem meiner Bilder hat, kann ich ihm welche verkaufen. Das ist wesentlich billiger für mich. Momentan ist meine Digitalkamera allerdings kaputt, also scanne ich die Bilder wieder ein.
nicorola: Möchtest du meinen Lesern noch etwas sagen?
Julia: (auf deutsch:) „Hallo! Wie Gehts!“
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Vielen Dank an Martin!
Kommentare
Ha, Danke Uli! Da war ich ein wenig betriebsblind 🙂 Ich hab die Lösung gefunden.
Die geheime Seite funktioniert schon, nur die Adresse ist eben ein Rätsel auf das man erst mal die Antwort finden muss 😉
So, E-Mail ist abgeschickt (ich Schussel hab allerdings „America“ anstatt „American Demo“ geschrieben, grmpf)
@julia: Danke! Das mit dem 404-Fehler finde ich seltsam. Wende dich doch mal an Weekender Records.
http://www.weekenderrecords.de/contact.html
@909: Ja, ein wenig Standard mag sein, leider kann man aber in E-Mail-Interviews nicht so direkt auf den Gesprächspartner eingehen. Außerdem gehe ich in meinen Fragen davon aus, das einige Leute die Band noch nicht kennen, deswegen sind die Fragen etwas allgemeiner.
Naja, ziemliche Standard-Fragen wie ich finde. Trotzdem schön mal etwas von der Band zu lesen.
Du Glückspilz! Ein tolles Interview mit interessanten Fragen (und Antworten).
Die im Booklet angegebene Adresse funktioniert allerdings nicht (liefert einen 404-Fehler 🙁 )