Port O’Brien – “Threadbare”

threadbare02. Oktober 2009
City Slang (Universal)

Zuerst war ich enttäuscht. Was ist mit der Band nach ihrem fulminant lebensbejahenden und mitreißenden Album “All We Could Do Was Sing” passiert? Warum diese Melancholie, dieses In-Sich-Kehren? Nach kurzer Recherche war mir das Schicksal, welches das Duo aus Alaska in der Zwischenzeit ereilte, dann bewußt. Der jüngere Bruder von Cambria Goodwin starb einen tragischen Unfalltod. Mit diesem Wissen hörte ich die Platte noch einmal. Und auf einmal wurde mir klar, warum Cambria ganz im Gegensatz zum Vorgänger knapp die Hälfte der Songs singt und diese größtenteils sehr melancholisch sind. Hier wird verarbeitet. Die von ihrem Partner Van vorgetragenen Songs klingen dann eher wie eine logische Fortführung der Richtung, die das Duo auf “All We Could Do Was Sing” eingeschlagen hat.
Diese zwei Pole, die sich beim ersten Hören eher abstießen, wachsen nun mit jedem Hördurchgang zusammen. Allein das Eröffnungstrio mit dem sanft von Percussion getragenen “High Without The Hope 3”, dem mitreißenden Stampfer “My Will Is Good” und der Lagerfeuerromantik von “Oslo Campfire” gehört mit zu den schönsten Eröffnungen dieses Herbstes, ach was sage ich, des Jahres. Kurz bevor man von dem folgenden traurigen “In The Meantime” vollends davongetragen wird, keimt mit “Tree Bones” ein wenig Hoffnung auf, worauf dann mit dem anschließenden “Sour Milk/Salt Water” der erste Höhepunkt des Albums erreicht wird.
“Threadbare” holt uns wieder auf den Boden der schmerzlichen Tatsachen zurück, “Calm Me Down” dümpelt mit einem knapp dreiminütigen Instrumentalpart in das zweite ganz große Stück des Albums. “Leap Year” ist mitreißend, hat eine große Portion Herz und eine wunderbar verzerrte Gitarre (übrigens fast die einzige der gesamten Platte). Schade, das die Pause am Ende der Platte entwas zu lang ausfällt, denn sonst ließe sich “Threadbare” immer wieder von vorne anhören, ohne erknennbaren Bruch. “High Without The Hope 72” endet nämlich genauso, wie “High Without The Hope 3” angefangen hat.
Ein ewiger Kreislauf, der mit jeder Umdrehung an Intensität gewinnt.

Highlights: “My Will Is Good”, “Sour Milk/Salt Water”

[xrr rating=9/10 imageset=tiny_star label=”Wertung:”]

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Port O’Brien auf Tour:

30.11. Hamburg – Molotov
01.12. Köln – Gebäude 9
02.12. München – Feierwerk
03.12. Schorndorf – Manufaktur
04.12. Berlin – Lido


Kommentare

Eine Antwort zu „Port O’Brien – “Threadbare”“

  1. >”Threadbare” holt uns wieder auf den Boden der schmerzlichen Tatsachen zurück<
    Danke für diesen Satz und die tolle Kritik. Ganz Deiner Meinung.

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