Ja, Panik – Don’t Play With The Rich Kids

Vor dreizehn Jahren feierte ich das Album DMD KIU LIDT von Ja, Panik. Es endete mit den Worten: Du kannst zuhören, oder gehen, nur sei still, ach, sei so lieb, da kommen noch ein paar Strophen, an denen mir mehr als an allen anderen liegt. Danach folgte Stille. Minutenlang.

Der großartige Titelsong, dessen Abkürzung übrigens für “Die Manifestation des Kapitalismus in unserem Leben ist die Traurigkeit” steht, hinterlässt mich immer wieder aufs Neue mit diversen Fragen, Ahnungen, Emotionen und dem starken Wunsch, diese Reise um die Welt noch einmal zu erleben.

Für einen Moment, war ich verloren der Welt
Ich war lost in Berlin, lost in Vienna, lost in Mexiko City
lost, wherever I’ve ben
In meinen Schritten ließ ich Dämonen wohnen
In meinen Schritten waren alle Zuhause, nur ich nicht
Schau ich war da, wo es alles gab, nur mich nicht

Mit diesen Worten und dezenten Akustikgitarren beginnt das neueste Album von Ja, Panik. Ein Protagonist auf der Suche, auf der er sich selbst nicht findet. Ich war gleich wieder in derselben Stimmung wie am Ende von DMD KIU LIDT.

Drei Jahre nach ihrem letzten Album Die Gruppe kehrt die Band nun zum aus- und einladenden Indie-Rock ihrer frühen Tage zurück. Schon der Opener drückt nach dem erwähnten Akustik-Intro mit euphorischen Gitarrenbrettern und Synthie-Fanfaren auf das Gaspedal.

Das Tempo bleibt auch danach flott, es folgen MAMA MADE THIS BOY und KUNG FU FIGHTER mit der grandiosen Textzeile “Darf ich bleiben, ich schlaf eh’ am Boden, schon okay” und mitreißenden Chören und Saxofonen.

In der zweiten Hälfte wird öfter mal die Akustikgitarre ausgepackt, ohne jedoch an Dringlichkeit einzubüßen.

Die Band reflektiert nicht nur musikalisch, sondern auch sprachlich die Vielfalt und die Veränderung in der Welt. Der Song DIE ANGST DES ARCHIVARS VOR DER SICHTUNG DER WELT thematisiert den Wandel in Gesellschaft und Sprache und fordert zur Offenheit gegenüber neuen Begriffen und Verhältnissen auf.

Ja, Panik bleiben immer in Bewegung. Am Ende von “Don’t Play With The Rich Kids” steht eine Ode an USHUAIA, die südlichste Stadt der Welt in Argentinien. Dort ist Feuerland, dort starten Schiffe in die Antarktis, dort ist das Ende der Welt.

Du hast gesagt “Komm, wir fahr’n”
Und dann bist du gefahren
vier Tage lang und eine Nacht
bis ganz runter nach Ushuaia

Das Ende der Platte ist ein sieben Minuten (!) langes Gitarrensolo, welches den Kreis schließt und perfekt zum Opener zurückführt.

Don’t Play With The Rich Kids ist ein kraftvolles und vielschichtiges Album, das die Bandbreite von Ja, Paniks musikalischem Können und ihrer künstlerischen Vision zeigt.

Es ist eine Rückkehr zu den Wurzeln der Band, gleichzeitig aber auch ein Blick nach vorne in neue künstlerische Richtungen. Ja, Panik bleibt auch nach mehr als 20 Jahren eine aufregende Band.

9/10



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