Kritik: NO – El Prado

2010 trafen sich Bradley Hanan Carter und Sean Daniel Stentz in einem Restaurant in Los Angeles. Beide teilen eine Vorliebe für Geschichten über katastrophale Beziehungen und verehren die Art und Weise, in der Künstler wie Leonard Cohen, Bill Callahan, Johnny Cash und Lou Reed in ihren Songs Geschichten erzählen. An diesem Abend beschlossen die beiden, zusammen eine Band zu gründen. Ein Jahr später, am 11.11.2011, veröffentlichten sie unter dem Namen NO die EP „Don’t Worry, You’ll Be Here Forever“ auf ihrer Webseite. Danach waren sie lange auf Tour und schrieben Songs. Im Februar diesen Jahres war es dann schließlich so weit: ihr Debütalbum „El Prado“ erblickte das Licht der Welt. Den ersten Kontakt mit diesem Werk hatte ich durch den Opener „Leave The Doors Wide Open“, welchen ich im Rahmen einer Compilation vorstellte. Ich war zutiefst beeindruckt von der Schwülstigkeit, der Hingabe und der Großartigkeit dieses Songs. Damals schrieb ich folgende Zeilen: Ein Engelchen sitzt auf meiner linken Schulter, ein Teufelchen sitzt auf meiner rechten. Das Teufelchen sagt: “Oh mein Gott! Was ist denn das für eine schwülstige Nummer, die NO da mit “Leave The Door Wide Open” abgeliefert haben? Das Engelchen sagt: „Oh mein Gott! Was ist denn das für eine großartige Hymne, die NO da mit „Leave The Door Wide Open“ abgeliefert haben?“

Ich war auf der Seite des Engelchens, und bin es immer noch. Jedes Mal, wenn ich diesen Song höre, möchte ich wieder in meinem Kinderzimmer mit einem Tennisschläger in der Hand stehen und Rockstar spielen. Ausflippen, tanzen, die Welt umarmen. Die restlichen Songs des Albums haben etwas länger gebraucht, um bei mir zu zünden. Aber irgendwann erwischte ich mich dabei, dass ich jedes Mal, wenn ich mich einfach nur unterhalten lassen wollte, „El Prado“ auswählte. Vielleicht liegt es ganz einfach daran, dass die Musik der Band direkt in der Schnittmenge von Glasvegas und The National passiert. Gerade in der zweiten Hälfte klingen einige Songs stark nach The National, allen voran „There’s A Glow“ und „Last Chance“. Aber durch die Prise Glasvegas erhalten die Songs eine Eigenständigkeit, und die Musik klingt zu gleichen Teilen intim als auch groß. Würden NO vor mir auf einer kleinen Bühne stehen und einen ihrer Songs spielen, nur für mich, es würde perfekt passen. Und wenn sich dann mitten im Song die Bühne dreht und dahinter ein Stadion mit 50.000 Fans wartet, und NO würden den Song einfach weiterspielen: es würde passen.

Einige Songs klingen mir zwar eine Spur zu pathetisch und hier und da erinnert mich das auch zu sehr an Schlager („Stay With Me“), aber wie ich bereits sagte: jedes Mal, wenn ich mich einfach nur unterhalten lassen möchte, dann wähle ich „El Prado“. So seltsam das für mich: ich komme von dieser Platte einfach nicht los.